Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus
Schuss in den Ofen
Schon in „The Expendables 3“ versuchte Sylvester Stallone, der von ihm mitinitiierten Actionreihe, einer Hommage an das Krawallkino der 1980er Jahre, frisches Blut zuzuführen. An die Seite diverser alter Genrehaudegen stellte er ein paar jüngere Gesichter, vergaß in seiner Rolle als Ko-Drehbuchautor aber, den Neulingen irgendwelche spannenden Eigenschaften zu verpassen. Ganz ähnlich sieht es auch in der Fortsetzung aus, die nach diversen Problemen in der Entwicklungsphase – unter anderem verließ Stallone zwischenzeitlich das Projekt – erst satte neun Jahre nach Veröffentlichung des dritten Teils in den Kinosälen aufschlägt. Dummerweise beschränken sich die Schwächen des vierten Söldnerabenteuers nicht nur auf die neu eingeführten Nebenfiguren. Insgesamt scheint die Luft raus zu sein, selbst wenn sich mit Jason Statham ein echter Actionprofi als zukünftiger Kopf der Saga warmläuft.
Sylvester Stallone, der bei The Expendables 4anders als zuvor weder als Produzent noch als Skriptschreiber am Werk war, verkörpert wohl zum letzten Mal den zupackenden Barney Ross, seines Zeichens Anführer der titelgebenden Söldnertruppe. Erneut wendet sich die CIA, nun in Gestalt des Kontaktmannes Marsh (ständig Zahnstocher kauend: Andy Garcia), mit einem hochbrisanten Auftrag an die im Geheimen operierende Kampfeinheit: Barney, sein Kumpel Lee Christmas (Jason Statham) und Co sollen den Terroristen Rahmat (Martial-Arts-Experte Iko Uwais) stoppen, der es auf mehrere atomare Zünder in einer früheren Waffenfabrik Muammar al-Gaddafis in Libyen abgesehen hat. Mit diesen will ein geisterhafter Strippenzieher namens Ozelot, den Ross einst beinahe enttarnen konnte, einen dritten Weltkrieg anzetteln.
Wie eigentlich immer in der Reihe ist der Plot nur ein Aufhänger, um die Söldnercrew in möglichst bleihaltige Gefechte zu verwickeln. Raffinierte Winkelzüge und Intrigen erwartet man von The Expendables 4 natürlich nicht. Für Verwunderung jedoch sorgt allemal, mit welcher Lustlosigkeit die wenigen vorhandenen Wendungen abgehandelt werden. Was es mit dem ersten Twist nach einer halben Stunde auf sich hat, riecht man Kilometer gegen den Wind, weshalb eine zweite Drehung gegen Ende statt Begeisterung nur Schulterzucken produziert. Passenderweise arbeitet der Film diese „Überraschung“ ohne große Emotionen, nicht mehr als pflichtschuldig, eher im Vorbeigehen ab. Ähnliches gilt für die Antwort auf die Frage, welche der auftretenden Figuren sich als Ozelot entpuppt. Kreativ geht anders!
War die von Ross angeführte Haudrauf-Truppe mit ihrem Retroflair in den ersten Franchise-Kapiteln noch irgendwie interessant, wirkt sie nach diversen Zu- und Abgängen inzwischen viel zu blass, um als Hauptverkaufsargument zu taugen. Stallone, der im Sommer 2023 seinen 77. Geburtstag feierte, muss den Staffelstab altersbedingt weiterreichen, tritt im vierten Teil zwangsläufig kürzer. Statham liefert gewohnt souverän ab, kann allerdings nicht kaschieren, dass sich in den Reihen der Expendables nunmehr lauter Pappkameraden tummeln. Wo genau die besonderen Fähigkeiten der Neuzugänge Gina (Megan Fox), Easy Day (50 Cent), Lash (Levy Tran) und Galan (Jacob Scipio) liegen, bleibt jedenfalls unklar. Verzichtbar ist vor allem Letzterer, der offenbar den Vorgängerstreifen auf witzige Weise variieren soll. Immerhin handelt es sich bei dem jungen Mann um den Sohn von Dampfplauderer Galgo (Antonio Banderas), der im dritten Film die Nerven seiner Mitstreiter strapazierte. Zu einem Flachwitz auf zwei Beinen avanciert endgültig Dolph Lundgrens Gunner, dessen Frisur und Treffungenauigkeit ständig für platte Scherze herhalten müssen. Bezeichnend auch, wie sein „Charakterbogen“ mit einem billigen und seltsam folgenlosen Gag abgeschlossen wird.
Apropos Humor: Der kommt in The Expendables 4 frustrierend saft- und ideenlos daher. Verglichen mit den gewollt markigen Sprüchen des neuen Reihenbeitrags nehmen sich die augenzwinkernden One-liner in den ersten Filmen fast schon elegant und clever aus. Weil Ikonen wie Arnold Schwarzenegger und Bruce Willis im neuen Teil nicht mehr zur Verfügung standen, lässt sich freilich auch weniger über das Testosteronkino der 1980er Jahre witzeln.
All die aufgezählten Kritikpunkte sind ärgerlich. Hardcore-Fans könnten wahrscheinlich aber darüber hinwegsehen, wenn der Kern des Ganzen stimmen, wenn die Action wirklich mitreißen würde. Abgesehen von einigen Nahkampfszenen fehlt es jedoch an handgemachter Durchschlagskraft. Viel zu oft wird man durch dürftig animierte Hintergründe oder Explosionen regelrecht aus dem Geschehen herausgerissen. Das kernig-physische Leinwandschaffen der 1980er Jahre, das früher die Basis der Reihe bildete, rückt so in immer weitere Ferne. Ob das Franchise eine Zukunft hat? Das wird der Erfolg beim Publikum entscheiden. Aus kreativer Sicht spricht aber wenig dafür, dass es noch einmal besser wird. Mit dem Abgang von Recke Stallone könnte man auch einfach einen Schlussstrich ziehen.
Ausgerüstet mit sämtlichen Waffen, die sie in die Finger bekommen können, und den Fähigkeiten sie auch zu benutzen, sind die Expendables DAS ultimative Verteidigungs-Team– sie werden gerufen, um die Welt zu retten, wenn alle anderen Optionen vom Tisch sind. Die Söldnertruppe um Barney Ross (Sylvester Stallone) tritt nun an für einen letzten großen Auftrag, bei dem Lee Christmas (Jason Statham) Verantwortung übernehmen muss. An seiner Seite: Jede Menge neuer Teammitglieder mit ausgefallenen Kampf-Stilen und Taktiken. Der Countdown läuft heiß…